Schon zum achten Mal hat sich unser Verein Agenda Alternativ e.V. auf eine Bildungsreise begeben. Vom 22. bis 24. November besuchten 15 junge Menschen aus dem Erzgebirge die Stadt Görlitz. Dabei wurden Soziokultur, Zeitgeschichte, das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen sowie die Kommunalpolitik vor Ort erkundet.
Den Auftakt bildete eine Führung über das Gelände der RABRYKA am Freitagabend. Zwei Angestellte des Vereins zeigten uns das riesige Gelände, erzählten von ihrem Ansatz und dem bald realisierten Plan eines Soziokulturzentrums in direkter Nachbarschaft zu dem ehemaligen Fabrikgelände. Mit viel Liebe und Kreativität wird sich hier ausgetobt, sodass uns trotz Dunkelheit die Münder vor Staunen offenstanden. Umso schöner, dass wir am Abend darauf gleich noch die Partytauglichkeit des Geländes austesten konnten. Auf einer kleinen Benefizparty für eine lokale Bieneninitiative lernten wir noch mehr nette Menschen aus der Stadt kennen. Hier geht was, und wie!
Am Samstag starteten wir am Vormittag mit einem Trip über die polnische Grenze zum „Stalag VIIIa“. Dieses Gelände wurde in der Zeit des Nationalsozialismus als Kriegsgefangenenlager genutzt. Dank der Initiative des Vereins MEETINGPOINT MUSIC MESSIAEN e.V. ist der heute unscheinbare Ort zu einem Ort der Erinnerung an die Ereignisse geworden. Marta vom Verein erklärte uns, wie sich der Alltag in dem Lager gestaltete und was ihr Verein alles zur Aufarbeitung beiträgt. Dabei kamen wir auch immer wieder auf die fehlende Verständigung zwischen Polen und Deutschen zu sprechen. Für den Verein ist es eine große Aufgabe, Vorurteile abzubauen und die Geschichte des Ortes weiter in die Öffentlichkeit zu tragen. Daher unsere dringende Empfehlung: Sagt es weiter, besucht den Ort und lernt mehr über die Geschichte. Für uns war es ein sehr spannender, wenn auch an vielen Stellen erschreckender Start in den zweiten Tag unserer Reise.
Nach einem leckeren Mittagessen und großer Begeisterung darüber, dass wir dieses in einem Restaurant einnahmen, welches bereits von Nicolas Cage besucht wurde, erwartete uns eine Stadtführung durch Görlitz. Allerdings nicht von einem typischen Touristenführer, sondern von einem Vater eines Freundes, der aus der Region stammt. Persönliche Anekdoten, Sagen aus der Stadt und viele Tipps zu weiteren Unternehmungen machten die Führung zu einem weiteren Highlight unserer Reise.
Den Abschluss vor unserem kleinen Partyausflug am Abend in die RABRYKA bildete ein Gespräch zur Komunalpolitik im Café Kugel. Ursprünglich war geplant, mit Franziska Schubert, Kreisrätin und OB-Kandidatin, zum Thema Frauen in der Kommunalpolitik zu diskutieren. Aufgrund der aktuell stattfindenden Koalitionsverhandlungen in Sachsen sprang kurzfristig ihre Mitarbeiterin und Wahlkampfmanagerin Annett Jagiela ein. Sie erklärte uns die Besonderheiten der Stadt und des Wahlkampfes in dem Jahr. Dabei wurde deutlich, dass viele Frauen in Görlitz engagiert sind, diese aber bei weitem nicht so sichtbar sind. Auch hier zeigte sich erneut, dass die Zusammenarbeit mit dem polnischen Teil der Stadt ausgebaut werden muss.
Wir haben Görlitz als eine Stadt kennengelernt, in der trotz starkem Rechtspopulismus viel im Bereich der Soziokultur geht. Es gibt zahlreiche Projekte, an denen sich niedrigschwellig beteiligt und die Stadt direkt mitgestaltet werden kann. So soll hier auch das Jugendkulturzentrum BASTA nicht unerwähnt bleiben, was seit Jahren eine hervorragende Arbeit leistet und ein Angebot für alternative Musikkultur in Görlitz schafft. Wir kommen auch noch bei euch vorbei, versprochen!
Vielen Dank an alle Spenderinnen und Spender, die uns diese Reise ermöglicht haben. Ebenso großen Dank an alle, die sich in der Organisation engagiert haben, Essen vorbereitet haben oder auch einfach nur durchweg konzentriert und interessiert bei der Sache waren!